(erweiterte Fassung von "Die ersten isländischen Poststempel - Antiqua- und Grotesk-Typen", in
"Philatelistische Nachrichten" Nr. 3/2000 der FG Nordische Staaten e.V., Island-Seiten 525-530)
Vorbemerkungen
Erst seit 1870 wurden von den dänischen Postämtern auf Island (nur für den Auslandspostverkehr - speziell mit Dänemark) dänische Briefmarken und dänische Orts- und Dreikreis-Nummem-Stempel verwendet. Der dänische Grotesk-Stempel mit Antiqua-Ziffern (Typ D2) von REYKJAVIK wurde bis 1888 weiter verwendet - teilweise auch zur nachträglichen Entwertung von Skilding-Briefmarken. Der dänische Nummernstempel (Typ D1) "236" wird sogar in den 1930er Jahren als "Notstempel" verwendet.
Ab dem 1. Januar 1873 übernahm die isländische Landeskasse alle Postdienste und die Ausrüstungen (Island wurde 1874 mit Einführung einer Verfassung Landesteil Dänemarks mit innerer beschränkter Selbstverwaltung). Nun wurden nach und nach die so genannten "isländischen" Antiqua-Ortsstempel (Typ A) eingesetzt. 1880 folgte der letzte Stempel dieses Typs. Weiter ging es ab 1883 mit den Grotesk-Ortsstempeln (Typ G) - auch Lapidar-Stempel genannt.
Es wird, wenn notwendig, angegeben, ob ein Stempel in falscher isländischer Schreibweise vorliegt. Die Erstellung und Übermittlung sowie letztlich die Ausführung der Aufträge in Dänemark ergab bei einigen Schreibweisen mit den speziellen isländischen Buchstaben Irrungen.
Aus den Verwendungdaten einiger Stempel geht hervor, dass es sich um "Wanderstempel" handelt. Die geringe Siedlungsdichte machte es erforderlich, dass kleine Posthaltereien durch private Umstände in benachbarte Orte verlegt werden mussten. Für einige Stempel waren ursprünglich nur die Namen der Verwaltungbezirke konzipiert. Wanderstempel kommen auch bei den Krone-Posthorn-Stempeln und besonders - durch die "namenlose" Konzeption bei den meisten Einkreis-Nummernstempeln Islands vor. Entsprechend der Bezeichnungen in der nordischen Fachliteratur werden die Besonderheiten, wie auch die Stempeltypen, mit Großbuchstaben bezeichnet:
Alle Stempel wurden in Dänemark geschnitten und teils auch dort repariert. Die Ziffern für die Tages- und Monatsangaben wurden wie Lettern gesteckt und unterlagen somit einer mehr oder weniger großen Abnutzung. Teilweise wurden diese Stempel bis in die 30er Jahre benutzt.
Stempelklassifizierungen und Abkürzungen (Bemerkungen) nach nordischer Katalogisierung:
Stempel:
D = dänischer Stempel A = Antiqua-Stempel G = Grotesk-Stempel
(hier nicht behandelt: B = Datumsbrückenstempel; C = Krone-Posthorn-Stempel; N = Einkreis-Nummernstempel)
Maße:
Die Durchmesser der verschiedenen Stempel variieren zwischen 21 und 22 mm bzw. 25 und 26 mm.
Bemerkungen:
A = (Ån sifror) ohne Ziffern - Die Steck-Ziffern wurden unbrauchbar, deshalb konnten im Stempel einige oder alle nicht eingesetzt werden.
B = (Blandade sifror) gemischte Ziffern oder bei Typ A nur Grotesk-Ziffern oder bei Typ G nur Antiqua-Ziffern
E = (Efterstemplet) nachgestempelt bzw. Gefälligkeitsstempel
H = (Höger = rechts) - Ziffern "kopfstehend" gesteckt, somit die Bezeichnung "von rechts lesbar"
F = Falschstempel kommt vor
Je nach Betriebsamkeit der Posthalterei nutzten sowohl die Steckziffern als auch die Arretierungen in den Stempeln zuweilen so stark ab, daß die Ziffern nicht mehr hielten. Es kommen Stempelabschläge mit fehlenden Ziffern oder ohne Ziffern vor. Die fehlenden Ziffern wurden in der Regel handschriftlich ergänzt. Alte Reserve-Ziffern aus Reykjavík wurden aufgebraucht. Danach erst bestellte man neue Ziffern über Reykjavík in Kopenhagen. Die Lieferzeit war also lange.
Als dann die neuen Ziffern angeliefert wurden konnte der Stempel endlich wieder komplett eingesetzt werden. Nach vielen Jahren stellten die Philatelisten fest, dass die nachgelieferten Ziffern kaum mit den originalen übereinstimmten. Es gibt zwar Antiqua-Ziffern, die sind aber etwas kleiner als die ursprünglichen. Und später lieferte man offensichtlich nur noch Grotesk-Ziffern für beide Stempel-Typen. Noch funktionierende ursprüngliche Antiqua-Ziffern wurden neben den neuen weiter verwendet. So entstanden die Stempelabdrucke mit den gemischten Ziffern. Das Ziffern-Roulette besteht besonders bei den Reykjavíker 25-mm-Grotesk-Stempeln. Man hatte wohl nur einen Setzkasten für alle Ziffern-Stifte. Ebenfalls auffällig ist die häufige Verwendung von Antiqua-Ziffern im Grotesk-Stempel von Vopnafjörður.
Achtung: "Gemischte Ziffern" sind nicht mit dem dänischen Stempel-Typ G2 zu verwechseln und dieser ist nicht mit der Spätverwendung 1914 des Stempels REYKJAVÍK G1b zu verwechseln!
Nicht nur die Reykjavíker Grotesk-Stempel wurden für postamtliche nachträgliche Entwertungen der Skilding-Briefmarken benutzt, wie in Kohl's
Briefmarkenhandbuch und davon abgeleitet in späteren Fachartikeln und Katalogen zu lesen ist. Auch Antiqua-Stempel verschiedener Postorte und in Reykjavík der Antiqua-Stempel und Typ D2 wurden für nachträgliche Entwertungen verwendet. Bestimmte immer wiederkehrende Stempeldaten, zentrisch und sauber abgeschlagen, lassen auf Gefälligkeitsstempel schließen.
Und nicht nur Skilding-Ausgaben sondern auch die laufenden Aurar-Ausgaben einschließlich der Ganzsachen und der Í GILDI-Aufdruck-Ausgaben, wurden ab den 1890er Jahren von der isländischen Post auch entwertet an Händler und Sammler auf dem europäischen Kontinent verkauft; bzw. ungestempelte Marken wurden nach Island zum Stempeln gesendet. Die Unterscheidung solchen Materials von echt gelaufenem ist nach über einhundert Jahren fast nicht oder nur sehr schwer möglich.
Die Konstruktion der Stempel ließ es zu, die Ziffern auch "kopfstehend" zu stecken. Somit entsteht der optische Eindruck, dass Stempel mit Ziffern in normaler Ebene von links unten und die mit "kopfstehend" gesteckten Ziffern von rechts oben lesbar sind. Diese Variante kommt mehr oder weniger bei Stempeln mit langen Ortsnamen vor.
Selten gab es Stempelirrtümer: Das sind einzelne andersstehende Ziffern sowie nicht kalendarische Angaben (z.B. "57/10" statt "17/10").
Gefälscht wurden bisher nur einzelne Stempel des Antiqua-Typs. Der absolut häufigste ist HRAUNGERÐI mit Grotesk-Datum 7/8. Er kommt vor allem auf der Í Gildi-Ausgabe vor. Dieser Falschstempel ist bei etwas Routine, auch als Teilstempel ohne Datum, relativ leicht erkennbar.